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Ferdinand Cenger, Kustos des Keltendorfes in Uttendorf

Die Magie des Baumkreises entdecken

Die Kelten hielten Bäume für beseelt und kannten ihre Wirkkraft

Die Birke raschelt im Wind und kündet von einem Neuanfang: Daran glaubten die Kelten, die hoch über dem Ort Uttendorf siedelten. Heute findet sich an dieser Stelle das idyllische Keltendorf, das dazu einlädt, in die naturnahe Weltvorstellung der mythenumwobenen Urbevölkerung einzutauchen. Neben den rekonstruierten Gebäuden am Stoanabichl ist es vor allem der Baumkreis mit 13 heimischen Bäumen, der Einblick ins ganzheitliche Weltbild der Kelten gibt: Sie verstanden sich als Teil des großen Werdens und Vergehens, glaubten an Wiedergeburt und hielten Bäume für beseelt. Das Wissen der Kelten ist bis heute vorhanden und hat Eingang in die Naturheilkunde und in die moderne Medizin gefunden.

„Die Kelten waren ein hochtechnisiertes Volk. Sie haben am Stoanabichl Kupfer abgebaut, sie betrieben Landwirtschaft und transalpinen Handel, waren mutige Krieger und verstanden sich auf Arbeitsteilung.“ Wenn Ferdinand Cenger, Kustos des Keltendorfes in Uttendorf von der Urbevölkerung des Pinzgaus erzählt, gerät er ins Schwärmen. „Die Kelten waren unsere Vorfahren, doch da sie ihr Wissen nicht verschriftlichten, sondern rein mündlich weitergaben, können wir nur aus archäologischen Funden und Grabbeigaben unsere Erkenntnisse ziehen. Diese sind hochinteressant.“ Mit diesen Worten durchschreiten Besucher die Pforte des mächtigen Pallisadenzaunes aus Holz, der das Keltendorf begrenzt. Sie übertreten damit zugleich die Schwelle in eine völlig andere Epoche. Denn es ist über 3.600 Jahre her, dass ein keltischer Stamm mit dem Namen Ambisonten in Uttendorf/Weißsee siedelte und zwar für die Dauer von schätzungsweise zweitausend Jahren. Rund 200 Menschen sollen in der Siedlung gewohnt und gearbeitet haben. Der Name Ambisonten ist in der Region nie ganz aus dem Sprachgebrauch verschwunden und lebt in der Bezeichnung „Pinzgau“ fort.

Eine Zeitreise in die „Holzzeit“ der Kelten

Das Keltendorf am Stoanabichl liegt auf rund 900 Meter Seehöhe und ist ein idyllisches Fleckchen Erde: Ein Museumsdorf, das kostenlos und rund um die Uhr individuell besucht werden kann. Der Himmel scheint hier oben ganz nah, das Salzachtal liegt Besuchern buchstäblich zu Füßen. Der Ausblick auf die Hohen Tauern auf der gegenüberliegenden Talseite ist überwältigend: Schon in der Antike führte durch das Stubachtal ein Saumpfad in Richtung Süden, der auch von den Kelten benutzt worden ist. „Die Kelten wählten ihre Siedlungsplätze nach ganz bestimmten Faktoren“, erklärt Ferdinand Cenger. „Wichtig war eine Anhöhe, um Feinde möglichst früh zu entdecken. Zudem war Holz für die Errichtung von Gebäuden, für die Verhüttung von Kupfer und zur Sicherung der Bergbaustollen wichtig, Wasser sowieso und es wurde immer auf der Sonnenseite eines Tales gesiedelt. Im gesamten Oberpinzgau gab es zahlreiche Siedlungen, so etwa in Bramberg, in Krimml, in Bruck oder Kaprun. Diese waren weit genug voneinander entfernt, damit sich die Bewohner nicht in die Quere kamen, aber dennoch in Sichtweite waren.“ Heute umfasst das Keltendorf sechs rekonstruierte Holzgebäude, tatsächlich waren es weit mehr. Auf die ehemalige Siedlung stieß man per Zufall in den frühen 1960er Jahren bei Bauarbeiten. Die meisten Funde und Grabbeigaben wurden in Museen nach Wien, Salzburg und Hallein gebracht. Das Keltendorf in Uttendorf aber ist ein beschaulicher Ort, der dazu einlädt, sich mit allen Sinnen auf eine Zeitreise zu begeben.

© Edith Danzer, Kräuterschnecke im Keltendorf Uttendorf

Die Kelten und die Medizin der Bäume

Neben den detailgetreu eingerichteten Gebäuden wie einem Wohnhaus, einer Töpferei, einer Weberei, einem Vorratsgebäude, einem Backhaus und einer Schmiede bildet der Baumkreis das Zentrum des Dorfes. Und das aus gutem Grund: Die Kelten verehrten Mutter Erde als oberste Göttin. „Die Menschen fühlten sich eingebettet in das natürliche Werden und Vergehen, wie sie es auch bei Bäumen, Pflanzen und Tieren beobachteten“, erklärt Ferdinand Cenger. „Die Kelten glaubten an Wiedergeburt und verglichen die eigene Lebensspanne mit den Kreisläufen der Natur: Im Frühling wachsen die Pflanzen, kommen im Sommer zur Blüte, erhalten ihre Reife und Früchte im Herbst und wechseln im Winter in die Anderswelt, um im Frühling erneut geboren zu werden. Der Tod wurde als Teil des Lebens verstanden, vor dem man keine Angst zu haben brauchte.“ Die Kelten hatten sich ein enormes Wissen über die Wirkung und Heilkraft von Pflanzen und Bäumen angeeignet. Die Ausbildung der Druiden dauerte rund zwanzig Jahre – eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern bei 49 Jahren lag, die von Frauen sogar nur bei 39 Jahren.

Im Baumkreis einmal durch das Jahr wandern

„Baumkreise haben regional stark variiert“, erzählt Ferdinand Cenger. „Hier bei uns in Uttendorf/Weißsee besteht der Baumkreis, der mit dem keltischen Neujahrsfest am 1. November beginnt, aus Birke, Eberesche, Erle, Weide, Esche, Weißdorn, Eiche, Stechpalme, Haselnuss, Wein, Efeu, Eibe und Holunder.“ Die Weltanschauung der Kelten mag Besuchern mystisch vorkommen, doch ihre enge Beziehung zur Natur wirkt noch heute nach. So etwa besagt die von dem Soziobiologen Edward O. Wilson formulierte Biophilia-Hypothese, dass die emotionale Verbindung zwischen Mensch und Natur angeboren und Teil der genetischen Ausstattung ist. Auch der moderne Mensch kann gar nicht anders, als sich in der Natur und in der Gegenwart von Bäumen wohl zu fühlen. Ein Vermächtnis – auch der Kelten! Ihr Wissen rund um die Wirkweisen von Pflanzen ist heute zu großen Teilen wissenschaftlich nachgewiesen. „Das harte Holz der Eibe haben die Kelten zur Herstellung von Pfeil und Bogen verwendet“, erklärt Ferdinand Cenger. „Das Gift der Eibe sorgte zusätzlich dafür, dass der Feind an seinen Verletzungen starb.“ Heute gilt die Eibe als wertvolles Medikament in der Krebstherapie. Die Weide hingegen wurde als lebensspende Kraft verehrt: Tee aus ihrer Rinde wirkt magenstärkend und beruhigend. Der Hauptwirkstoff Salicil wird sogar über die Haut aufgenommen, wodurch allein das Anfassen der Baumes Wirkung auf den menschlichen Organismus hat. Im 19. Jahrhundert gelang es, Salicylsäure industriell herzustellen, woraus das Medikament Aspirin entstand.

Das Flüstern der Bäume vernehmen

Neben den Wirkungsweisen schrieben die Kelten den Bäumen auch eine übergeordnete Symbolik zu: Mit der Erle verbündet sich etwa, wer sich nach Reichtum, Macht und Stabilität sehnt, die Eiche symbolisiert Stärke und Weisheit und galt als Orakelbaum.

Mit all diesem Wissen lassen sich Besucher im Zentrum des Baumkreises am Stoanabichl nieder: Es lohnt, dem Rascheln der Blätter zu lauschen, die Handflächen über die Rinde gleiten zu lassen und an den Holunderblüten zu schnuppern. Einfach nur die Sinneseindrücke wahrnehmen, so wie es die Kelten vor tausenden von Jahren getan haben. Und vielleicht vernimmt man ja nach einem Weilchen ein Flüstern im Baum und eine uralte Botschaft, die man mit nach Hause nehmen möchte.

Keltendorf

Die Außenanlage des Keltendorfes samt Baumkreis in Uttendorf/Weißsee kann jederzeit individuell besichtigt werden. Führungen finden während der Sommermonate jeden Donnerstag um 13.00, 15.00 und17.00 Uhr statt und sind mit der Nationalpark Sommercard und der SalzburgerLandCard kostenlos. Auskunft und Anmeldung (bis zum Vortag 11.00 Uhr) unter Tel. +43 6563/8279, info@uttendorf.com

Kontakt

Tourismusverband Uttendorf-Weißsee
Schulstraße 2
5723 Uttendorf

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