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© SLTG, Michael Grössinger

Waldtherapie PLUS

Dr. Arnulf Hartl über die Wirkung der Natur

Dr. Arnulf Hartl erforscht seit über zwölf Jahren an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg die Wirkung der Natur auf uns Menschen. Seine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse zeigen, dass der Wald im SalzburgerLand im Kontext der Berge noch intensiver wirkt als irgendwo anders, dass Wandern im Wald alle gesundheitsfördernden Effekte verstärkt und bei älteren Menschen eine Woche Naturtherapie sogar nachweislich biologisch verjüngend wirkt. „Waldtherapie PLUS“ nennt Dr. Arnulf Hartl diese Besonderheit, die das SalzburgerLand Urlaubern, Familien und Naturliebhabern bietet.

Herr Dr. Hartl, ein Waldspaziergang tut uns gut, das spüren wir instinktiv – aber was macht der Wald aus wissenschaftlicher Sicht mit uns?

Dr. Arnulf Hartl: Wir Menschen haben uns hunderttausende Jahre in der Natur entwickelt. Wir sind Kinder der Natur und sie ist das natürlichste Umfeld, in dem wir uns bewegen können. Der Wald und unser Immunsystem hängen sehr stark miteinander zusammen, wir interagieren über alle Tore und Sinne mit ihm. Wald, Natur und Berge sind Orte, an denen wir am meisten Hoffnung empfinden, wo Sport am effizientesten auf unseren Körper wirkt und wo man richtige Krankheiten wie Depression, Entzündungen, chronische Rückenschmerzen, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Allergien Asthma und weitere Zivilisationskrankheiten lindern kann.

Das hört sich unglaublich an! Was genau wirkt am Wald?

Dr. Hartl: Der Wald ist ein heilsames Medium. Er wirkt vor allem durch sein so genanntes Mikrobiom – also durch die vielfältigen Mikroorganismen die hier existieren und den Lebensraum Wald ausmachen. Das sind die Pflanzenduftstoffe, die den typischen Waldgeruch verursachen, aber auch Pilze, Sporen, lebende Bakterien, Viren und Parasiten die im Wald tausendmal vielfältiger sind als in der Stadt. Da wir Menschen über unsere Haut, unsere Atemwege und Ernährung in einem permanenten mikrobiologischen Austausch mit unserer Umgebung stehen, sind wir im Wald in einem komplett anderen immunologischen Kontext. Von dieser Vielfältigkeit profitiert das Immunsystem, das ja der Regulator für unsere Gesundheit oder eben Krankheit ist.

Das ist auch medizinisch messbar?

Dr. Hartl: Natürlich! Wir betreiben evidenzbasierte Medizin und keine Esoterik. Wir konnten in verschiedenen Studien nachweisen, dass Entzündungsparameter bereits nach einem aktiven einwöchigen Urlaub im Wald und Berg deutlich zurückgehen, Blutdruck und Ruhepuls senken sich, die Lungenkapazität wird erweitert, Balance und Körperzusammensetzung verbessern sich. Es bilden sich junge Immunzellen, ältere werden ausgesondert und das Immunsystem wird insgesamt nachhaltig gestärkt.

© SLTG, Michael Grössinger

Wie verhält es sich mit der Psyche, warum wirkt der Wald auf die meisten Menschen so beruhigend?

Dr. Hartl: Da sich die Aufmerksamkeit im Wald auf die umgebende Natur richtet, ohne, dass sie stark gefordert ist, können sich jene Bereiche im Gehirn, die zum Beispiel für Grübeln und Sorgen zuständig sind, während eines Waldspaziergang erholen. Wir entspannen uns physiologisch besser als an anderen Orten, etwa in der Stadt, wie eine Vielzahl an Studien zeigen konnten. Besonders wirkungsvoll ist ein Aufenthalt im Wald in Kombination mit Wasser. Einerseits, weil das Plätschern und Rauschen den Parasympathikus aktiviert, also das körpereigene System, das für unsere Entspannung sorgt. Andererseits werden mithilfe des Sprühnebels – etwa in Nähe von Wasserfällen – die Atemwege besonders gut gereinigt und bei AsthmatikerInnen tritt sogar eine lindernde und immunbalancierende Wirkung ein.

Waldtherapie oder Shinrin Yoku, was auf japanisch so viel wie „In Waldluft baden“ bedeutet, ist ein Trend, der vor fast dreißig Jahren in Japan seinen Anfang genommen hat und nun auch in den USA und Europa auf dem Vormarsch ist. Wohin geht die Reise des Waldbadens und der Natur als Rückzugs- und Erholungsraum?

Dr. Hartl: In der groß angelegten Deutschlandstudie, im Rahmen derer jährlich Werte und Motive abgefragt werden, ist „Natur“ heuer erstmals an erster Stelle, gleich gefolgt von „Gesundheit“. Das heißt, dass Natur und Gesundheit die wichtigsten Werte der Menschen sind. „Urban green“ und „access to nature“ sind die internationalen Schlagworte dazu. Das ist auch in der Medizin anhand der vielen internationalen Studien sichtbar. Auch unser Institut ist intensiv an der Erforschung der Natur als heilsames, therapeutisches und präventives Heilmittel tätig. Ebenso im Bereich von „Public Health“ sind Wald und Natur auf dem Vormarsch. Stadtplaner versuchen überall, Grünflächen zu implementieren, um das Naturgefühl in Städten zu erhöhen – z.B. durch die Begrünung von Hochhäusern wie etwa die bepflanzten Zwillingstürme Bosco verticale des Stararchitekten Stefano Boeri in Mailand. Es ist ein unumkehrbares Faktum: Mit der Urbanisierung steigt das Bedürfnis der Menschen, in ihrer freien Zeit so viel „grün“ wie möglich zu erleben.

© SLTG, Michael Grössinger

Das heißt, wir im SalzburgerLand haben Glück gehabt! Hier liegt der Wald vor quasi jeder Haustüre, niemand braucht weit zu fahren, um in die Natur einzutauchen. Was zeigen Ihre Studien, was kennzeichnet den Wald im SalzburgerLand?

Dr. Hartl: Das Besondere im SalzburgerLand ist, dass der Wald im Kontext der Berge wirken kann. Die verschiedenen Höhenlagen – vom Laub-Mischwald in niederen Lagen, bis hin zu den alpinen Waldtypen mit Zirben und Lärchen, bieten zu jeder Jahreszeit unterschiedliche Naturräume die unserem Körper und Psyche gut tun. Die Dreidimensionalität der Berge in Kombination mit aktivem Durcharbeiten des Körpers auf den Wanderwegen und dem Wirkungsspektrum des Waldes ist im SalzburgerLand einzigartig. Außerdem kommt hier noch der Faktor Wasser hinzu – in Form von zahllosen Quellen, Bächen, Seen und Wasserfällen – die unsere Natur- und Schutzgebiete einzigartig machen. Das SalzburgerLand bietet sozusagen eine Waldtherapie Plus (lacht).

Und was genau muss man tun, um von einem Aufenthalt in unserem Wald am meisten zu profitieren, bzw. das „Plus“ am „Waldbaden Plus“ zu erfahren?

Dr. Hartl: Dazu muss man nicht viel mehr viel tun, als einfach da zu sein. Am meisten profitiert man allerdings, wenn man sich regelmäßig und über eine längere Zeit – also zumindest eine Woche lang – im Wald und der Natur aufhält. Ganz wichtig ist es, dabei auch aktiv zu sein und sich zu bewegen! Wer nur im Wald sitzt, wird nicht den gleichen positiven Effekt erleben wie jemand der wandert, oder durch einen Bergwald einen Gipfel erklimmt. Je früher im Jahr man damit beginnt, desto besser. Denn gerade nach dem Winter sind wir gesundheitlich aufgrund des Mangels an Vitamin D schlechter aufgestellt, neigen zu saisonbedingten Depressionen, sind anfälliger für Infekte, etc. Da tut uns das Waldbaden in Kombination mit Bewegung in bewaldeter Natur, den Bergen und dem Wasser besonders gut.

Wer mit Kindern ins SalzburgerLand kommt profitiert doppelt vom Waldbaden und Natur. Warum ist das so?

Dr. Hartl: Wir Menschen können unseren Bezug zur Natur auch verlieren. Wenn Kinder in Städten aufwachsen, ist es für sie naturgemäß schwieriger, einen Naturbezug zu entwickeln. Wir wissen aber, dass naturbezogene Menschen physiologisch und psychologisch in unglaublich höherem Ausmaß gesünder sind und weniger unter mentalen Problemen leiden. Außerdem sind Natur und Wald wichtig, um das Immunsystem zu formen. Bauernkinder z.B. haben signifikant weniger Allergien. Gerade das erste Lebensjahr ist hier entscheidend. Mit den Mikroorganismen aus Wald, Luft, Moos, Erde, Gewässern und Wiesen in Kontakt zu kommen, ist wie eine Impfung, die die Gesundheit der Kinder nachhaltig fördert. Ein Urlaub auf dem Bauernhof kann da sicherlich wertvolle Dienste für die psychische und physische Gesundheit von Kindern leisten.

© Salzburger Land Tourismus, Der Wald: Entdeckungsraum für Kinder

In einer neueren Studie beschäftigen Sie sich mit der Wirkung der Natur und des Waldes auf ältere Menschen. Wie wirkt der Wald auf die Generation 65plus?

Dr. Hartl: In der „Jungbrunnen Berg“-Studie haben wir sehr intensiv studiert, wie sich ein Aufenthalt in den Wäldern und Bergen des Tennengauer Mittelgebirges – also in der Region rund um Abtenau – auf das Immunsystem, die kognitive Leistungsfähigkeit, das Gleichgewicht und die Balance von älteren Menschen auswirkt. Die Ergebnisse sind verblüffend: Eine Woche Naturtherapie mit Wandern im Wald und Baden im Abtenauer Heilwasser wirkt biologisch verjüngend! Das heißt, Komponenten des Immunsystems verjüngen sich, Muskelmasse und fettfreie Masse werden aufgebaut, das Gleichgewicht und Arbeitsgedächtnis wird gestärkt und Entzündungsprozesse im Körper verringert. Man kommt also tatsächlich jünger aus dem SalzburgerLand heim, als man hergekommen ist!

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Was bedeutet der Wald für Sie als Mensch, wo sie doch so viel darin forschen?

Dr. Hartl: Wenn ich mit meiner Tochter in den Wald gehe und sie dort dann spontan und aus freiem Herzen einen Baum umarmt, habe ich das Gefühl, alles zumindest halbwegs richtig gemacht zu haben.

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