Ein Selbst-Experiment: Meine erste E-Gravel-Tour in Österreichs größter Bikeregion Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn. Ein Erfahrungsbericht eines eingefleischten Bio-Bikers im neuen Trendsport Graveln.
Lang musste ich warten, um zwei Sport-Welten miteinander verbinden zu können: Das Rennradeln und das Biken. In meiner Jugend war ich begeisterte Rennradlerin. Nur allzu gut erinnere ich mich an das mühelose Rollen über endlose Straßen im Roadie-Paradies SalzburgerLand, das Kurbeln über gut geteerte Passstraßen und die vorbeifliegende malerische Landschaft bei rasanten Abfahrten. Nur allzu gut erinnere ich mich aber auch an unvorhergesehene Stopps und Umkehren, wenn die asphaltierte Straße plötzlich in einen verwachsenen Schotterweg überging. Dafür war ich Meister im Reifenflicken, denn ein „Patschen“ war bei den sensiblen Dünnhäutern an den Laufrädern fast schon vorprogrammiert. Und dann wechselte ich aufs Mountainbike – endlich waren da Stollenreifen, die sich hungrig durch die Kiesel fraßen und jede Wurzel und jedes Schlagloch mit Leichtigkeit schluckten. Und dann kam der Graveler – einfach übersetzt, das Schotterrad…
Dresscode für Graveler
Wenn möglich, greif ich zu Bio! Das gilt für mich nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch beim Bike. Denn da schwör ich auf meine Bio-Mechanik der Wadeln, die als alleinige Kraft die Kurbeln antreiben. So wird mein Selbstversuch gleich um eine Potenz gesteigert, als mir mein Sport-Buddy Daniela verkündet: „Ich habe für unsere Tour ins Glemmtal E-Graveler organisiert – du wirst es lieben!“ Doch bevor wir unsere Talschlussrunde starten, stellt sich die Frage nach dem Gravel-Dresscode? Enges Spandex von den Roadies oder baggy Shorts und bequemes Trikot vom Mountainbiken? „Beim Graveln geht es um Freiheit“, erklärt uns Gravel-Pionier Manuel Hirner vom Tourismusverband Saalbach. „Darum einfach anziehen, was ihr als bequem und funktional empfindet“, rät der eingefleischte Graveler, der mit viel Herzblut diese Sportart in seiner Heimat Saalbach Hinterglemm etabliert hat. Daniela und ich entscheiden uns aus Rennrad-Nostalgie für enges Lycra, und nachdem die Frage des Dresscodes geklärt ist, starten wir ins Abenteuer.

Meet & Greet mit dem E-Graveler
Etwas skeptisch betrachte ich mein Gefährt, das zugegeben ziemlich spacig aussieht. Die Geometrie ähnelt dem eines klassischen Rennrads – mit dickem Bauch, denn die Tretkraftunterstützung ist im Unterrohr verpackt. Die Sitzposition ist nur mäßig gestreckt und die Hände liegen entspannt am Rennradlenker. Dafür lachen mich dicke Stollen von den Laufflächen der Räder an und versprechen zuverlässigen Grip auf wechselndem Terrain. Die Funktion des E-Motors ist flugs erklärt und schon trete ich vor dem Tourismusverband in Saalbach erstmals in die Pedale Richtung Talschluss.

„Das geht ab!“, denk ich noch begeistert und Unmengen von Erinnerungen prasseln auf mich ein. Vom Rennradln, vom Mountainbiken, vom Radeln mit starkem Rückenwind. Mit einem Wort – schon nach Sekunden bin ich drin im Gravel-Fieber. Durchs Zentrum von Hinterglemm rollen wir mühelos Höhenmeter für Höhenmeter über die asphaltierte Landesstraße tiefer hinein ins Glemmtal. Dort, wo ich vor einigen Jahren noch stirnrunzelnd die Bremshebel ziehen musste, um am Schranken meine Kehrtwende einzuleiten, schieße ich jetzt mit triumphierendem Lächeln über die Grenze zwischen Asphalt und Schotter.

Unbändiges Hochgefühl setzt ein – der Graveler rollt am Schotter ebenso mühelos dahin. Der E-Motor gibt die nötige Power, um nicht ins Keuchen zu kommen und die Sitzposition ist überraschend entspannt. Ich könnte ewig so weiterfahren! Nach der Lindlingalm zweigen wir ab auf einen kurzen Trail entlang der Saalach – groben Schotter, Wurzeln und sogar eine Bachdurchfahrt stecken wir locker weg. Mit ihrer Leidenschaft fürs Downhillen überlegt Daniela sogar kurz, sich auch an steileren Wurzelpassagen am Graveler zu erproben. Doch wir sind uns einig, das ist nicht das angestammte Gelände für dieses Sportgerät. Und das Graveln über den Forstweg entlang der Saalwände und der munter plätschernden Saalach macht ohnehin viel zu viel Spaß, um experimentelle Abstecher zu wagen.
Alpine Gravel Biken in Saalbach
Saalbach hat in den österreichischen Alpen die Gravel-Nase ganz weit vorne. Neben Trails, Parks und unzähligen Bikerouten ist es auch ein echtes (Off)road-Schotterstraßen-Paradies! Bei einer Einkehr auf der Lindlingalm am Ende unserer Runde steht fest: wir wollen mehr! Mehr Schotter, mehr Saalbach und vielleicht sogar öfter mal mit E-Unterstützung! Und schon checken wir die interaktive Gravel-Tourenkarte von Saalbach für die nächsten Herausforderungen am E-Gravler, der für uns nach diesem ersten Selbstversuch definitiv das Beste aus drei Welten verbindet. Schon bald stehen klingende Touren-Namen wie „Gravel-Devil“, „Dusty Ride“ oder die drei Seen-Runde um Zellersee, Klammsee und Ritzensee am Programm.