Vor einigen Jahren hat der Spitzensportler Felix Gottwald seiner Heimat Zell am See und dem Salzburger Land mit seinen unzähligen Erfolgen im Weltcup, bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften in der Nordischen Kombination viel Freude bereitet. Vor kurzem hat er mit „KEINE ZEIT FÜR HEUTE“ sein zweites Buch herausgegeben. Österreichs erfolgreichster Olympionike sprach mit dem SalzburgerLand Magazin über Zeit im Alltag und mehr Bewusstsein im Leben, schilderte, wozu er mit seinem neuen Buch einladen möchte, und verriet, welche Orte er in seiner Heimat besonders schätzt.
Seit deiner Zeit als aktiver und so erfolgreicher Sportler sind 15 Jahre vergangen. Wie sieht heute eine typische Woche von dir aus?
Felix Gottwald: Ich bin viel bei Vorträgen, Workshops und Trainings für Unternehmen unterwegs und gebe auch Einzelcoachings. Diese Tätigkeiten erfordern viel Vor- und Nachbereitungszeit. Vor allem jetzt, wo mein Buch gerade erschienen ist, kommt zusätzlich viel Büroarbeit dazu. Neben der Arbeit nehme ich mir aber Zeit für meine Familie und Freunde. Auch Sport ist nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens. Mir wird also nicht langweilig, aber ich liebe meine vielfältigen Tätigkeiten und bin gerne in Bewegung.
Wie kam es dazu, dass du nach deiner Sportkarriere den Weg als Speaker und Trainer eingeschlagen hast?
Nachdem ich mein erstes Buch „Ein Tag in meinem Leben“ veröffentlicht hatte, stellte ich fest, dass Menschen für sich einen Mehrwert daraus ziehen können, wenn ich meine Erfahrungen mit ihnen teile. Ab 2011 habe ich im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Therme Loipersdorf zahlreiche Seminare entwickelt, organisiert und geleitet. So kam es, dass es bei mir immer mehr in Richtung Persönlichkeits- und Teamentwicklung gegangen ist.
Vor kurzem ist dein Buch „Keine Zeit für Heute“ erschienen. Was war der Auslöser für dich, dieses Buch zu schreiben?
Ich liebe es zu schreiben und wusste schon lange, dass ich wieder einmal ein Buch herausgeben wollte. Mir fehlten jedoch der rote Faden und die Priorität dafür. Den roten Faden fand ich dann letztes Jahr, als ich mir bewusst mit dem Wohnmobil an der kroatischen Küste dafür Zeit nahm. Dabei entstand die Idee, die Leser*innen an meinen Tagebucheinträgen teilhaben zu lassen und meine Erkenntnisse daraus mit ihnen zu teilen.
Wen möchtest du mit deinem Buch erreichen und welche Botschaften sind dir dabei am wichtigsten?
Ich spreche mit dem Buch eine Einladung an unser Heute aus. Die Leser*innen können in meine 42 Tagebucheinträge eintauchen und sich inspirieren lassen, selbst wieder Tagebuch zu schreiben. Ich selbst habe erlebt, dass ich den Tag intensiver lebe und Begegnungen bewusster wahrnehme, wenn ich abends den Tag reflektiere und niederschreibe. Darüber zu staunen, was ein ‚gewöhnlicher‘ Tag alles mit sich bringen kann, empfinde ich als großes Geschenk. Mein Buch ermutigt und bestärkt, den eigenen Alltag als etwas Kostbares wahrzunehmen und entsprechend zu nutzen.
Und wie hast du diese Einladung in der Form und Struktur deines Buches umgesetzt?
Ich habe mein Heute während 42 Tagen handschriftlich reflektiert und festgehalten. Aus jedem einzelnen Tag sind drei Erkenntnisse/Themen entstanden – insgesamt 126 Kapitel. Jedes Kapitel endet mit drei Impulsen: Frage – Einladung – Haltung. So ist ein Buch entstanden, das nicht von vorne nach hinten gelesen werden muss. Es stellt Fragen, enthält Gedanken und Ideen, gibt jedoch keine fertigen Antworten. Es begleitet und lässt Raum dafür, das eigene Erleben wieder bewusster wahrzunehmen. Für mich ist das Buch daher kein Buch für das Regal, sondern fürs Nachtkästchen, also eine Art Nachschlagewerk, das Leser*innen immer wieder zur Hand nehmen können.
Welche Arten von Tagebucheinträgen sind in diesem Buch zu finden?
Es sind die unterschiedlichsten Themen, wie etwa ‚Die Morgenroutine‘, ‚Am Gipfel ist erst die Hälfte geschafft‘, ‚Nachrichtenfasten wirkt‘ oder ‚Bereit sein, wenn es darauf ankommt‘.
In deinem Buch geht es ganz besonders um den Faktor Zeit und das Heute. Hast du Empfehlungen, wie es uns besser gelingen kann, uns ausreichend Zeit für die für uns wichtigen Dinge zu nehmen und das Heute bewusster zu leben?
Mir hilft da in Momenten, wo ich mich mit mir selbst auf eine Diskussion einlasse, eine Trilogie:
1. Sind das schon die Ausreden oder kommen die erst?
2. Wofür ist das eine Gelegenheit?
3. Wie geht es einfacher?
Besonders bedeutsam finde ich in diesem Zusammenhang die Haltung: „Ich bin es mir wert“. Zudem kann jede*r für sich die passenden Rahmenbedingungen schaffen.
Gelingt es dir persönlich, genug Zeit für alles zu haben?
Leider nein. Und ich übe dennoch freudvoll weiter. Dadurch gelingt es mir mal besser, mal sehr gut. Viel wichtiger: Ich bleibe ein Übender. Meine Rahmenbedingungen dafür so vernünftig wie möglich zu gestalten, hilft mir, dass ich etwa Zeit für meine Morgenroutine mit Bewegungs- und Mobilisierungsübungen habe, die mir sehr wichtig ist.
Was hast du durch das Buch persönlich gelernt?
Es war faszinierend zu erleben, was alles möglich ist, wenn wir es wirklich wollen und die Dinge jetzt tun. Ich schiebe nichts mehr auf. Ich habe für das Buch mehr als 900 Stunden neben meinem „Brotberuf“ investiert und bin heute wieder ein anderer Mensch. In meiner Karriere als Sportler habe ich 20 Jahre lang ein Trainingstagebuch geführt und tue dies nun nun – in abgewandelter Form – wieder.
Du wohnst nun schon seit vielen Jahre mit deiner Lebensgefährtin in der Ramsau und hast zwei Töchter. Bist du nach wie vor häufig in deiner Heimat Zell am See? Und nimmt das Buch auch Bezug auf dein früheres Zuhause?
Ich bin oft in Zell am See und im SalzburgerLand. Ich bin regelmäßig bei meiner Mama und meiner Schwester, die in Zell am See leben, zu Besuch, habe nach wie vor viele Freunde dort und bin sehr gerne in der Natur im Pinzgau unterwegs. Außerdem führe ich seit November 2020 mit zwei Freunden ein Bewegungsstudio in Zell am See für ältere Menschen. Dabei handelt es sich um eine niederschwellige Möglichkeit zur Stärkung von Mobilität und Kraft, die auch soziale Begegnungen fördert. Einmal im Jahr bin ich zudem mit einem Wintercamp im Tauern Spa. Während der 42 Tage, in denen ich die Tagebucheinträge für das Buch gemacht habe, war ich natürlich auch im SalzburgerLand, sodass meine Heimat auch im Buch eine besondere Rolle spielt.
Was schätzt du besonders an deiner Heimat?
Heimat bleibt Heimat. Mit der Zeit habe ich dennoch gelernt, dort daheim zu sein, wo ich gerade bin. Das macht mich auf eine Art ortsunabhängig. Ich habe aber auch festgestellt, dass das Nachhausekommen eine sehr schöne Folge des Wegfahrens ist. Ganz besonders schätze ich den Zeller See. Wann immer es geht, springe ich ins Wasser. Das bedeutet für mich dann, wirklich angekommen zu sein. Die Kombination aus Golfspielen mit Blick auf das Kitzsteinhorn, anschließend mit dem Rad auf den Großglockner fahren und zum Abschluss noch in den Zeller See zu springen, ist für mich einzigartig. Sehr gerne bin ich auch mit dem Fahrrad unterwegs und fahre beispielsweise auf die Tödlingalm, um dort ein gutes Kasbrot zu genießen.
Wo kannst du persönlich am besten Energie tanken?
Ich gehe nach wie vor sehr gerne langlaufen oder bin mit dem Rad unterwegs. Ein Bier auf der Alm schmeckt so viel besser, wenn du selbst hinaufradelst oder hinaufwanderst, statt mit dem Auto zu fahren. Im Winter mache ich gerne Skitouren oder bin mit meinen zwei Töchtern beim Skifahren. Auch Krafttraining im Fitnessstudio gehört für mich zum Alltag. Ich finde es wunderschön, dass wir hier verschiedene Jahreszeiten haben und uns zu jeder Jahreszeit anders sportlich betätigen und die Natur erleben können.
Was ist heute dein Bezug zur Nordischen Kombination?
Ich bin durch meinen Freund David Kreiner, der aktuell die Nordische Kombination beim ORF kommentiert, im Bilde. Die jeweiligen Bewerbe verfolge ich mit gesundem Abstand. Da ich selbst gerne draußen bin, erfahre ich die Ergebnisse oft erst danach. Ich freue mich mit den Athleten mit und drücke meine Daumen.
Das Buch „KEINE ZEIT FÜR HEUTE“ von Felix Gottwald (520 Seiten) ist im Eigenverlag erschienen und im Buchhandel erhältlich. Wer es über die Homepage von Felix Gottwald bestellt, bekommt eine persönliche Widmung sowie eine kleine Überraschung.
