Hans Junger aus Niedernsill beherrscht das alte Handwerk den Korbmachens noch. In seiner kleinen Werkstatt daheim am Emathof hoch über Niedernsill fertigt er in mühevoller Handarbeit Zisteln aus Hasel und Weide zum Beerensammeln und Schwammerlsuchen.
Draußen tropft der Regen vom Vordach und endlich kämpft sich die Sonne durch die Wolken. Sie schickt helle Strahlen durchs Werkstattfenster. Drinnen knarzt der Schnitzbock leise, während Hans Junger den Haselstecken dreht, ansetzt und mit ruhiger Hand die Messerklinge ansetzt. Das einfallende Sonnenlicht zeichnet ein Schattenspiel auf seine Hände – grob, wettergegerbt, und doch mit erstaunlich feinem Gefühl bei jedem Schnitt. Der Austragsbauer vom Emathof über Niedernsill fertigt eine Zistel. Ein treuer Begleiter für den Alltag.

Rippe für Rippe, Feder um Feder
„Die Haselrippen schnitze ich alle per Hand“, sagt er, ohne vom Holz aufzublicken. „Das schaut leicht aus, aber jede muss gleichmäßig werden. Sonst wird das nix beim Flechten.“
Die Zistel ist ein kleiner Handkorb, wie er früher in vielen Bauernhäusern zu finden war. Mit einem breiten Ledergurt wird sie um die Hüften geschnallt. Die Hände bleiben frei, der Rücken gerade – perfekt, um über Almböden und durch Wälder zu streifen, auf der Suche nach Beeren, Kräutern oder Schwammerln. Und genau dafür machen Hans und seine Frau Maria die Körbe: für den Gebrauch, nicht fürs Regal.
Das „Körbeln“ ist sein großes Hobby
„Früher hatte fast jeder so eine Zistel am Hof“, sagt der 70-jährige Austragsbauer, der sich das Korbmachen – das „Körbeln“ – vor vielen Jahren in einem Kurs beibringen ließ. „Mir ist’s damals um die großen Holz- und Heukörbe am Hof gegangen – die wollte ich nicht wegschmeißen, sondern selber reparieren.“ Mit der Zeit kamen neue Formen dazu, darunter die kompakte Zistel, die sich nicht nur beim Schwammerlsuchen bewährt hat, sondern auch beim Kirschenpflücken oder für einen schnellen Abstecher ins Beerengebüsch.
Der Boden besteht aus Fichtenholz, stabil und leicht zugleich. Darauf steckt Hans die geschnitzten Rippen aus Haselnuss – sie geben der Zistel ihre Form. Zwischen den Rippen werden in stundenlanger Arbeit die Federn eingeflochten, was er im Dialekt die „Soich“ nennt: dünn geschnittene Weidenbänder, biegsam gemacht durch Wasser und Geduld. Inzwischen hat er viel beim Korbmachen dazugelernt und die Zistel zur kleinen Kunstform erhoben.

Rippe für Rippe ein Meisterwerk
„A Zistel braucht a paar Stund’, aber dann haltet’s a Leben lang“, sagt er. Maria hilft ihm bei den Feinarbeiten, vor allem beim Einflechten der Weide. Während ihre Finger flink durch die Rippen tanzen, erzählt sie: „Wenn’s fertig ist, gehen wir am liebsten gleich los. Schwammerlsuchen – das ist unser gemeinsamer Ausgleich.“
Die beiden kennen „ihre“ Hänge über Niedernsill wie ihre Westentasche. Zwischen Moos, Gräsern und Astwerk lugt da schon mal ein Seeinpilz hervor, Eierschwammerl oder eine Handvoll Moosbeeren. Was gesammelt wird, landet gleich in der Zistel an der Hüfte – und so haben die beiden die Hände frei fürs Händchenhalten beim Heimgehen aus dem Wald. Denn das tun sie beide oft, wie Maria meint: „Eihebn damma ins eigentlich immer gern.“ Und was dann frisch aus dem Wald aus der Zistel auf den Tisch kommt, ist so ehrlich wie das Handwerk, das hinter der Emat-Zistel steckt.