Nannerls dramatische Liebesgeschichte, ihre unglückliche Zeit als hochgebildete, zwangsverheiratete Frau des Adeligen Johann Baptiste von Berchtold von Sonnenburg in der Bauern- und Fischergemeinde am Wolfgangsee – der Film läuft vor meinem geistigen Auge in einer Brillianz ab, die durch die Worte des Museumskustos geweckt wird.
Noch nie habe ich schneller und kompetenter und spannender soviel über Salzburger Geschichte erfahren wie von Augustin Kloiber in St.Gilgen. Er erzählt die Geschichten so, dass Bilder entstehen. Man taucht ein in längst vergangene Jahrhunderte. Eine Geschichte, die im Mozarthaus in St. Gilgen spielt, wo ehemals das Bezirksgericht untergebracht war.
Wo alles begann
Der Großvater Mozarts, Wolfgang Nikolaus Pertl war gebürtiger Salzburger, Jurist und von 1716-1724 Richter in St. Gilgen. Seine Tochter, Anna Maria, Mozarts Mutter, kam im Bezirksgericht am 25.12.1720 auf die Welt. Dass das Bezirksgericht heute noch mit starken Mauern steht, ist Großvaters Umbauarbeiten zu verdanken, die allerdings das vorgegebene Budget weit sprengten. Eine Tatsache, die seine Witwe in schwere Schulden stürzte, denn damals war er als Richter auch Bauherr und musste bei Budgetüberschreitung selbst für die Differenz aufkommen.
Erst Mozarts Schwester Nannerl durchbrach die Armut durch ihre Hochzeit mit dem Adeligen Johann Baptiste von Berchtold von Sonnenburg, ebenfalls Richter. Ihr Vater hatte sie aus finanziellen Gründen zur Heirat gezwungen. 17 Jahre lebte sie an seiner Seite in St. Gilgen.
Nannerl war seine 3. Frau und musste fünf Kinder als Stiefmutter übernehmen. Sie gebar ihm noch drei eigene Kinder. Nur ihr Sohn erlebte das Erwachsenenalter. Als Kleinkind nahm ihn ihr Vater weg und erzog ihn in Salzburg.
Nannerl war eine begabte Komponistin
Nannerl war eine hochintelligente Frau, die mehrere Sprachen sprach und Komponistin und Pianistin war. Sie stand zeitlebens im Schatten ihres Bruders und hatte natürlich als Frau auch keine Möglichkeit, öffentlich aufzutreten. Nur Musikunterricht durfte sie geben.
2002 wurde das Bezirksgericht geschlossen und 2005 vom Kulturverein Mozartdorf gekauft. Seit 2008 ist es Ausstellungsraum mit Veranstaltungssälen für Hochzeiten oder Geburtstage aber auch öffentliche Konzerte in den Obergeschoßen.
Hier wird Geschichte lebendig
Im Untergeschoß lebt die Geschichte: Die Themen Gerichtsbarkeit und der Tagesablauf von Nannerl, der Adelsfrau im Fischer- und Bauerndorf die es sehr schwer hatte. Im Gegensatz zum Heimatmuseum wird hier mehr Show gemacht. Gernot Fritsch tritt als Mozart persönlich auf und führt die Gäste durchs Haus. Wenn man Glück hat, winkt Mozart auch vom Balkon des Mozarthauses. Ein willkommenes Fotomotiv für koreanische und japanische Touristen.
Man weiß viel über Nannerl. Da sind die Briefe des Vaters an Nannerl aus denen viel herauszulesen war. Sie liebte einen anderen aber die Absicherung stand im Vordergrund. Nannerl wurde für damalige Zeiten uralt und starb mit 78 Jahren in Salzburg. Die Geschwister sahen sich 1783 ein letztes Mal. Mozart war zur Hochzeit eingeladen, schaffte es aber aus beruflichen Gründen nicht. Wolfgang Amadeus Mozart war persönlich nie in St. Gilgen.
Daher sind auch Nannerl Cafes und Leckerein wie das Nannerl-Schmatzerl die stilechteren Souveniers, die man aus St. Gilgen mitbringen sollte. Als Mozartdorf hat man natürlich auch Mozarts Reisetorte im Angebot. Freilich, die Mozartkugel vom Dallmann sollte man trotzdem kosten.
Musik im Mozarthaus
Natürlich kommt auch die Musik im Mozarthaus St. Gilgen nicht zu kurz. So beherbergt das Museum alljährlich im Sommer das Kindermusikfestival St. Gilgen. Angesprochen sind aber nicht nur junge Musikbegeisterte, sondern alle zwischen 5 und 99. Dabei kommen selbstverständlich auch Mozarts Werke nicht zu kurz.
Alle Infos zum Programm finden Sie unter www.kindermusikfestival.at.
Kulturverein Mozartdorf St. Gilgen
Ischlerstrasse 15
5340 St. Gilgen
+43 6227 20242
www.mozarthaus.info
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