Die Gadaunerer Hochalmen im Gasteinertal sind der Inbegriff des Salzburger Almsommers: Seit Jahrhunderten verbringen Menschen und Tiere die Sommermonate hier oben auf gut 1.800 Metern Seehöhe. Die uralte Radlach-Hütte ist ein Zeugnis dieser langen Tradition. Im Juli wird sie zur Bühne für ein zeitgenössisches Almschauspiel. „Herde und Stall“ hat der Salzburger Choreograph und Regisseur Hubert Lepka seine neueste Inszenierung genannt. Wir haben ihn gefragt, was Besucher dabei erwartet.
Übermütige Zicklein, extrovertierte Ziegen, ein scheues Kalb und ein paar anarchistische Hühner: Es sind Nutztiere, die fast in jedem heimischen Stall stehen, denen Hubert Lepka in seinem Almschauspiel „Herde und Stall“ eine besondere Rolle einräumt. Nutztiere mit ganz spezifischen Charaktereigenschaften. Seit Jahrtausenden leben sie mit Menschen zusammen und haben deren Leben und die alpine Kulturlandschaft mitgeprägt. Es ist also kein Zufall, dass das neueste Tanz-Theater-Projekt des Künstlernetzwerks Lawine Torrèn auf der Alm spielt. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Tiere neben den Schauspielern und Tänzern zu den Hauptprotagonisten zählen. Ein jedes Tier mit seinem Charakter, seinen Befindlichkeiten und Eigenheiten. Dass vor diesem Hintergrund die alttestamentarische Geschichte von Abraham und Isaak in zeitgenössischem Kontexte erzählt wird, hat sich – so Hubert Lepka – gefügt. Am Anfang aber waren die Tiere…!
Herr Lepka, was bedeutet die Alm für Sie persönlich?
Die Alm ist für mich ein Sehnsuchtsort, an den ich immer wieder zurückkehre und wo ich mich wie ein anderer Mensch fühle. Ich weiß, dass es vielen Menschen ganz ähnlich geht und dass dieses Gefühl mit unseren Traditionen und unserer Herkunft zu tun hat. Seit 6.000 Jahren verbringen Tiere und Menschen den Sommer auf der Alm. Das hat uns geprägt. Für unser Stück haben wir Echtheit und keine oberflächliche ländliche Idylle gesucht: Die Almhütte, von der wir losgehen, ist touristisch nicht genutzt. Sie ist authentisch und unverkitscht und hat mich sofort fasziniert.
Warum haben Sie sich zu einer Inszenierung mit Tieren entschlossen?
Ich lebe mit meiner Familie auf dem Land und da hat man automatisch Kontakt zu Tieren, auch zu Nutztieren. Mich hat interessiert, wie man es schafft, in Beziehungen mit Tieren artgerecht zu bleiben, sowohl was das Tier als auch den Menschen betrifft. Als Choreograf hat mich hingegen fasziniert, wie ähnlich das übermütige Springen von Ziegen der sozialen Befreiung des zeitgenössischen Tanzes ähnelt.
Wie hat sich die Arbeit mit den Tieren gestaltet?
Ich habe schon vor einigen Jahren ein Pilotprojekt gestartet, da ich mir nicht sicher war, ob die Arbeit, wie ich sie mir vorstelle, gelingen kann. Die letzten Monate waren sehr intensiv. Wir haben die Tiere nicht dressiert, aber eine sehr enge soziale Bindung zu ihnen aufgebaut. Während der Probenzeit wurden Schauspieler, Tänzer und Tiere zu einer echten Herde. Die Tiere haben über Monate mit uns gelebt.
Wie hat sich die Geschichte von Abraham und Isaak in diesen Erzählkontext eingefügt?
Zum einen ist das Alter des Stoffes faszinierend. Die Geschichte von Abraham und Isaak wird seit mehreren tausend Jahren nacherzählt. Es gibt sie in jeder Religion und fast jeder kennt die Geschichte von Abraham, der von Gott den Auftrag erhält, seinen eigenen Sohn Isaak zu opfern. Nicht ein Lamm oder einen Ziegenbock, sondern den eigenen Sohn! Es geht um Gottesfurcht, Gottesgläubigkeit, um Grenzen, um Normen und Regeln. Die Geschichte erzählen wir aktuell und vor einem wissenschaftlichen Hintergrund. Sie enthält natürlich eine gewisse Dramatik und integriert die unterschiedlichen Charaktere der handelnden Menschen und Tiere.
Ist die Geschichte für Erwachsene und Kinder geeignet?
Inhaltlich auf alle Fälle: Was man beachten sollte, ist, dass auch während der Vorstellung gewandert wird und wir rund 450 Höhenmeter zurücklegen. Die Besucher sollten also konditionell und auch in Sachen Ausrüstung auf einen Tag in den Bergen vorbereitet sein.
Welche Erkenntnisse könnte das Almschauspiel bei Besuchern auslösen?
Im besten Fall sind es drei Erkenntnisse, die Besucher mitnehmen: Respekt vor den Tieren und Respekt vor der Almlandschaft, die ausschließlich durch Tierhaltung entstanden ist. Aber auch Freude darüber, dass wir die Zukunft so gestalten können, wie wir es wollen.
Herde und Stall. Ein Almschauspiel.
26., 27. und 28. Juli 2019, jeweils um 11 bis 16 Uhr
Gadaunerer Hochalmen, Angertal, Bad Hofgastein
- Der Weg auf die Alm kann individuell zurückgelegt werden (Parkplatz: Angertal, Gehdauer: ca. 2 Stunden). Es wird zusätzlich ein Shuttle vom Angertal in Bad Hofgastein auf die Gadaunerer Hochalm zum Preis von € 16,- gegen Anmeldung angeboten. Neben dem Shuttle gibt es auch die Möglichkeit, mit bereitgestellten E-Bikes zur Alm zu fahren. Infos beim Kur- und Tourismusverband Bad Hofgastein.
- Das Almschauspiel bewegt sich von der Hochalm zum Ecklgrubensee und zurück. Dabei werden ca. 450 hm und etwa 8 km zurückgelegt. Gutes Schuhwerk und der Witterung entsprechende Ausrüstung sind erforderlich.
- Die sehr limitierten Tickets sind bei den Kur- und Tourismusverband Bad Hofgastein (Tel.: +43 6432 3393 260 / badhofgastein@gastein.com) erhältlich.
Preis Erwachsener € 34,- / Preis Kinder € 17,- - Die Veranstaltung findet bei jedem Wetter statt.
Informationen zu genauen Abmarsch- und Ankunftszeiten, Shuttle und E-Bikes unter gastein.com
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