Ein spezieller Osterbrauch findet am Gründonnerstag und am Karfreitag in Großarl statt. Jeweils rund 30 Männer gedenken beim Ölbergsingen und beim Leiden-Christi-Singen an das Leiden Jesu Christi. Sie möchten mit dieser Nachtwache die Verschlafenheit der Jünger Jesu wieder gut machen.
Ölbergsingen Großarl am Gründonnerstag
Um 20.00 Uhr beginnt die lange Nacht für die rund 30 Männer. Am Gründonnerstag „dürfen“ nur die Bauern Teil dieses Chors sein. Obwohl es heutzutage wohl nicht mehr ganz so streng gehandhabt wird wie früher… Auf jeden Fall warten sie im großen Kreis vor der Pfarrkirche Großarl auf das Schlagen der Turmuhr. Ist der achte Schlag verklungen, setzt der Vorsänger mit der ersten Strophe des Ölbergsingens ein: „Merkt auf ihr Herr’n und lasst euch sag’n, hat acht Uhr g’schlagn.“ Zweistimmig antwortet nun der Männerchor mit der ersten von neun Strophen dieses Passionsliedes. Die Männer wandern weiter und singen die gleiche Strophe noch vor der Leichenhalle, beim Haus Christian, am Marktplatz Großarl und vor dem Hotel Berg-Leben. Danach pilgern sie wieder hinauf zur Kirche und starten die Nachtwache um 21.00 Uhr erneut. Um 04.00 Uhr in der Früh singen sie schließlich die letzte Strophe und wandern das letzte Mal von der Kirche bis zum Hotel Berg-Leben.
Leiden-Christi-Singen Großarl am Karfreitag
Das gleiche „Wachen“ wiederholt sich am Karfreitag. Der größte Unterschied zum Vortag ist der Chor. Denn an diesem Tag singen und wachen die „Dorfer“ – also Bürger aus dem Ort. Obwohl auch hier die Regeln in den letzten Jahren etwas aufgebrochen wurden. Um Punkt 20.00 Uhr startet der Vorsänger des Leiden-Christi-Singens mit dem gleichen Text, die Antworten sind jedoch anders als am Gründonnerstag. Auch die Bürger singen an den gleichen fünf Stellen im Ort und wachen singend bis in die Morgenstunden.
Singen und einsam wachen
Bei den ersten ein bis zwei Durchgängen sind die Chöre nicht allein. Zahlreiche Zuhörer lauschen dieser einzigartigen Passion. Danach singen und wachen die Männer oftmals nur für sich. Je tiefer die Nacht, desto weniger Zuhörer. Trotzdem machen die Sänger ihren Weg und halten Wache – als Wiedergutmachung der Verschlafenheit der Jünger Jesu. Die Sänger werden zwischen den einzelnen Durchgängen gestärkt und sie dürfen sich immer wieder aufwärmen. Denn zu dieser Jahreszeit sind in Großarl speziell die Nächte meistens noch sehr kalt.
Ölbergsingen Großarl schon seit dem 18. Jahrhundert
Angeblich wurden diese Lieder Anfang des 18. Jahrhunderts mit Flugblättern verteilt. Der Autor ist aber unbekannt. Seit rund 1700 hält sich dieser Brauch in Großarl und macht die Karwoche zu einer besonderen Woche – für die Sänger und für die Zuhörer.