Branntweinerhütte, Eröffnung Salzburger Almsommer in Sankt Margarethen im Lungau

Das Leben auf der Alm war und ist Freiheit

Hüttenwirtin Sabine liebt ihre Branntweineralm

Schon als kleines Mädchen hat Sabine Lerchner ihre Sommerferien am liebsten auf der Alm verbracht. Seit 2005 ist sie Hüttenwirtin auf der familieneigenen Branntweinerhütte am Aineck in St. Margarethen im Lungau. Trotz der vielen Arbeit und der langen Tage würde sie auf die Alm niemals verzichten wollen. Weil sie hier der Natur so nahe ist wie nirgendwo sonst und Freiräume genießt, die nur auf dem Berg möglich sind.

Ein Leben ohne Alm? Für Hüttenwirtin Sabine Lerchner unvorstellbar! Schon als Kind verbrachte die heute 37-Jährige viele Ferien bei ihrer Tante auf der Alm und genoss hier Freiheiten, die im Tal nicht möglich gewesen wären: Einfach rauslaufen in den Wald, Holz für den Ofen holen und Wasser aus der Quelle trinken. Im Stall auf einem Schemel sitzen und der Tante beim Melken zuschauen, am Abend die Wetterkerze anzünden, Karten spielen oder den Erzählungen ihres Opas lauschen, der nach der Abendpirsch auf einen Sprung vorbeikam. „Es sind unfassbar schöne Erinnerungen, die mich sicherlich geprägt und den Wunsch in mir verstärkt haben, selbst auf die Alm zu gehen“, sagt Sabine. Den Wunsch hat sie sich früh erfüllt: Schon mit 17 Jahren arbeitete die Lungauerin zwei Sommer lang als Sennerin. Seit 2005 ist sie Hüttenwirtin auf der 1.800 Meter hoch gelegenen Branntweinerhütte im Biosphärenpark Salzburger Lungau. Von Mitte Juni bis Ende September zieht Sabine gemeinsam mit sechzig Tiere auf die Alm, darunter dreißig Milchküche, die es täglich zu melken gilt, Noriker Pferde, Hühner und ein Mini-Pony. „Die Tiere gehören meinem Bruder, der auch die Bio-Landwirtschaft im Tal bewirtschaftet. Ohne die Mithilfe der Familie würde es hier oben nicht gehen“, sagt Sabine. „Unsere Eltern sind fürs Melken der Kühe zuständig. Von den rund 1.000 Litern Milch werden 300 Liter jeden Tag zu verschiedenen Käsesorten, zu Topfen, Joghurt, Butter und Buttermilch verarbeitet. Die restliche Milch wird jeden zweiten Tag ins Tal gebracht.“

Altes Kräuterwissen und köstliche Almkulinarik

Gut neunzig Tage dauert der Almsommer auf der Branntweinerhütte und es ist eine intensive Zeit, denn auf der Hütte kehren nicht nur Wanderer ein, sondern auch Übernachtungsgäste sind herzlich willkommen. Sabine ist Hüttenwirtin aus Leidenschaft und sie liebt den direkten Kontakt zu ihren Gästen. Als diplomierte TEH-Praktikerin (Traditionell Europäische Heilkunde) lässt sie ihr umfassendes Kräuterwissen in das kulinarische Angebot der zertifizierten Almsommerhütte einfließen. Zu den feinen Naturköstlichkeiten, die Sabine Lerchner zaubert, zählen Schafgarbensirup, Kräuterpalatschinken mit Fichtenmarmelade, Zirbengelee mit Almjoghurt und Almpralinen – in Schokolade getunkte Fichtenwipferl. Die Liebe und Leidenschaft zu Pflanzen und insbesondere zu den Kräutern hat sie von ihrer Urgroßtante Thres vererbt bekommen. „Ich war schon als kleines Mädchen immer mit ihr draußen im Garten oder in der Natur, um Kräuter zu sammeln“, erzählt Sabine. „Auch die Sennerinnen wussten mit den Gaben der Natur umzugehen. Sie waren mit den Tieren ja den ganzen Sommer allein auf der Alm und mussten sich zu wissen helfen, wenn etwa eine Kuh sich den Fuß verstaucht oder ein entzündetes Euter hatte. Zum Einsatz kamen dann Arnika, Meisterwurz oder Wacholder. Ich betrachte alle diese Pflanzen als Geschenke Gottes, die man nehmen und einsetzen darf.“

Das einfache Leben der Sennerinnen

Sabine hat sich intensiv mit dem überlieferten Heilwissen ihrer Heimat, aber auch mit den Erzählungen alter Sennerinnen beschäftigt. „Den Almsommer, wie wir ihn jetzt kennen und wie ihn Gäste erleben, gibt es noch gar nicht so lange. Früher hatte ein Sommer auf der Alm wenig mit Idylle zu tun: Die Sennerinnen haben gearbeitet wie Männer. Jede Kuh musste mit der Hand gemolken, die gesamte Milch auf der Stelle zu Butter verarbeitet werden. Das Leben war einfach und extrem reduziert: Die Frauen ernährten sich auf den Almen von dem, was sie hatten. Das Brot hat ihnen einmal in der Woche der Knecht gebracht, der dann auch die Butter ins Tal getragen hat“ erzählt Sabine. „Ich kann mich selbst noch erinnern, dass wir – als ich ein kleines Mädchen war – unserer Sennerin Cilla oft Brot gebracht haben. Cilla stand dann immer an der Hüttentür in ihrem geblümten Schürzl, dem wettergegerbten Gesicht und den rauen Händen. In der Hütte roch es nach Milch, altem Holz und Mist und auf dem Tisch stand immer ein Kräuterbuschen. Gleich daneben waren ihr Bett und der Holzofen. Das war’s. Doch bei all der Einfachheit und dem wenigen, was sie hatte, hat sie immer das Brot mit uns angeschnitten und uns die erste Scheibe überlassen.“

Freiheit und Eigenständigkeit

Wenn Sabine ins Erzählen kommt, dann scheint es gerade so, als würde sich die Tür zu einer längst entschwundenen Welt auftun. „Wenn Cilla und meine Urgroßtante Thres zusammengesessen sind, war ich stets fasziniert von ihren Schilderungen. So haben sie von dem Knecht erzählt, der samt Brot und Butter in den Bach gefallen ist und von dem Kugelblitz, der durch den Schornstein in die Hütte kam und durch die Tür wieder hinausschoss“, erzählt sie lachend. „Trotz der harten Arbeit haben diese Frauen ihre Sommer auf der Alm sehr genossen: Dort oben, haben sie immer gesagt, wären sie ihre eigene Herrin. Sie erlebten ein Stück Freiheit und Eigenständigkeit, die ihnen als Frauen im Tal und auf dem Bauernhof niemals zugestanden worden wären.“ Und wie ist das heute, wollen wir von Sabine Lerchner wissen: Genießt sie als Hüttenwirtin auf der Branntweinerhütte auch Freiheiten, die sie im Tal so nicht hätte?

Sabine Lerchner überlegt kurz: „Ich bin seit einigen Jahren Mutter eines kleinen Buben. Seither richte ich mein Leben ganz nach ihm aus. Aber auf die Alm gehe ich trotzdem – und nehme ihn einfach mit. Weil ich ihm diese wunderbaren Kindheitserinnerungen, die ich selbst mit der Alm verbinde, auch schenken möchte. Auch wenn die Tage voll und geschäftig sind, gibt es hier oben Momente, die man im Tal nicht erleben würde: Diese ganz eigene Stimmung etwa wenn die Sonne aufgeht, wenn im Frühjahr der Almrausch zu blühen anfängt oder sich der Wald im Spätsommer verfärbt. Wenn ich dann raus in die Natur gehe, fühle ich mich hinterher wie ein neuer Mensch. Wenn man das als Freiheit bezeichnet, dann kann ich die Frage eindeutig bejahen. Ja, die Alm ist Freiheit.“

Wandertipps zur Branntweinerhütte

  • Von St. Margarethen über den Leisnitzgraben (durch den Wald / entlang des Baches) oder über den Alpengasthof Schlögelberger (Forstweg) in ca. 2 Sunden auf die Branntweinerhütte (ca. 1.800 Höhenmeter)
  • Vom Katschberg-Höhenweg (große Parkplätze auf der Passhöhe) mit rund 6,5 Kilometer (ca. 150 Höhenmeter) einfache Wanderung zur Branntweinerhütte, die auch gut mit Buggy bewältigbar ist. Dauer: ca. 2. Stunden.
  • Von der Katschberghöhe mit der Aineckbahn bis zur Bergstation auf 2.220 Meter Seehöhe. Von hier wandert man ca. 400 Höhenmeter bergab bis zur Branntweitnerhütte. Weitere 200 Höhenmeter bergab zurück zum Ausgangspunkt. Dauer der gesamten Runde: ca. 4 Stunden. Betriebszeiten der Bergbahnen: www.katschi.at