Großer Kopf, lange Ohren, flauschiges Fell und unglaublich sanfte Augen – kann man sich einen besseren Wander-Begleiter vorstellen? Esel sind trittsicher und schwindelfrei, darum wandert es sich mit ihnen rund um den Naturpark Weißbach bei Lofer besonders gut.
„Schmale, steile Pfade sind für Pauli und seine Kollegen kein Problem“, verkündet Franz Hohenwarter-Yaldez und krault besagten Pauli, den zehnjährigen Eselhengst, kräftig zwischen den Ohren, als wir uns in Weißbach zu einer Eselwanderung treffen. Auf den Esel gekommen ist der Pisterlbauer vor 15 Jahren, wie er erzählt: „Meine Frau Karin und ich waren immer schon leidenschaftliche Bergsteiger. Unsere Tochter Helena aber war noch zu klein für viele unserer längeren Lieblingstouren hier im Naturpark Weißbach in den Ausläufern des Steinernen Meeres, der Leoganger und Loferer Steinberge. Es war purer Zufall, dass genau zu der Zeit eine trächtige Eselin per Inserat angeboten wurde – Paulina. Wir holten sie zu uns auf den Hof und sie begleitete uns bei unseren Wanderungen. Eine super Entscheidung, denn der Esel fühlt sich in unserer bergigen Gegend wohl und beweist in seiner ruhigen Gangart große Ausdauer. Helena war jedenfalls begeistert, durfte sie doch kurze Strecken auf Paulina reiten und auch unser Proviant und Gepäck landete im Packsack des Esels.“

Vierbeinige Landschaftspfleger
Einige Zeit später kam das kleine Eselfohlen auf die Welt und wurde Paul getauft. Der Beginn einer großen Esel-Leidenschaft am Pisterlhof, denn mittlerweile umfasst die Herde zehn stattliche Esel zwischen fünf und 17 Jahren. „Du hast dich verzählt, es sind elf“, ruft mir Franz zu und ich zähle nochmal nach. Mein Stirnrunzeln, als ich wieder nur zehn Esel zähle, trifft auf das breite Grinsen des Bauern, der inmitten seiner Esel steht und lachend meint: „Ich bin der elfte Esel!“ Die kleine Herde verbringt den Sommer auf der Wandalm oberhalb des Bergsteigerdorfs. Bei seinen täglichen Besuchen wird Franz lautstark von den Eseln begrüßt, allen voran Pauli, der als erster am Zaun steht, und von Franz seine Streicheleinheit einfordert. Über die Jahre hat der Bauer eine ganz enge Bindung zu den Vierbeinern aufgebaut. Hier auf der Alm machen sich die Esel ganz nebenbei als Landschaftspfleger nützlich, wie Franz erklärt: „Sie brauchen eine rohfaserhaltige Nahrung und lieben kleines Gehölz, Haselnussstauden oder Disteln. So sorgen sie mit ihren Essgewohnheiten dafür, dass die Almfläche nicht verbuscht. Ein wichtiger Beitrag zur Kultivierung unserer Almen. Zusätzlich füttere ich ihnen Heu von der Bergmahd der steilen Wiesen – ein wenig Luxus haben sie sich schon verdient. Den Winter verbringen sie gut geschützt im Stall des Pisterlhofs in Unterweißbach, wo sie neben dem Heu auch immer wieder eine Ladung Haselnusstecken zum Snacken bekommen.“
Keine sturen Esel
Mittlerweile sind alle Teilnehmer für die Eselwanderung eingetroffen. Nach ausgiebigem Streicheln, Kennenlernen und Kraulen der flauschigen Ohren legt Franz den Eseln nun ein Strickhalfter an. An diesem Strick geführt, sollen sie gleich die Wanderung begleiten. „Ob das funktioniert? Esel sind doch so furchtbar stur?“, bringt ein Mädchen ihre Sorge ums Vorankommen zum Ausdruck. „Esel sind sehr treue und sanfte Tiere. Und ganz sicher nicht stur! Dieser Irrglaube kommt vielleicht daher, dass der Esel vorsichtig ist und seine Schritte mit Bedacht setzt. Ist es im Winter etwa eisig, wird der Esel nicht weitergehen. Und da hilft auch kein Drücken und Schieben – ein Esel macht das, was er für richtig hält, oder worin er seinen Vorteil sieht. Doch sie sind sehr gescheit und merken sich alles.“, korrigiert Franz, während sich die Esel brav anstellen, um sich das Halfter anlegen zu lassen. Der Eselführer erzählt: „Im Gegensatz zum Pferd ist der Esel kein Fluchttier. Er bleibt in Stresssituationen erst einmal stehen, und gefällt ihm etwas nicht, bringt er es lautstark zum Ausdruck. Darum werden in manchen Gegenden auch Herdenschutz-Esel zum Bewachen der Schafe eingesetzt.“
Pauli, der Schmuser
Die Esel setzen sich nun gemütlich mit uns in Bewegung und es scheint, als freuen sie sich genauso wie wir auf diese Wanderung. Auch auf dem schmalen Wanderpfad finden die grauen Begleiter sicher ihren Tritt und beweisen ihre Geländegängigkeit. „Das Sprichwort ,Wie der Herr, so´s Gescherr‘ beweist sich auch bei den Eseln – geht man ruhig und bestimmt voran, kommen auch die Esel ruhig hinterher. Aber Esel sind eben keine Motorräder, die man einen Gang höher schalten oder abstellen kann. Sie haben einfach ihren eigenen Willen – findet ein Esel verlockend grünes Gras und möchte jausnen, dann gibt es zwangsweise eine Pause.“ Jeder der Esel hat so seinen eigenen Charakter und seine Eigenheit – Pauli ist der größte Schmuser, der älteste Esel Luki schreit am lautesten zur Begrüßung und Fiona hat das flauschigste Fell. Während wir über Stock und Stein schreiten, meint Franz: „Würd mich jemand ,Esel‘ nennen, sähe ich das nicht als Schimpfwort, sondern als Anerkennung. Ich finde sie ganz tolle und treue Begleiter, und irgendwann erfülle ich mir selbst einen Traum und wandere mit Eseln bis nach Hamburg.“
Wer nun selbst einmal mit Pauli und seinen flauschigen Kollegen wandern will, kann gegen Anmeldung beim Eseltrekking in Weißbach bei Lofer teilnehmen.
Fotos: © Salzburger Saalachtal, Pisterlbauer, kind.und.keks