Am liebsten essen sie Eichblattsalat

Weinbergschnecken aus Saalfelden alias Steinbergschnecken

Die Weinbergschnecken der Fam. Dillinger in Saalfelden sind so wie ihre Besitzer richtige Feinschmecker. „Am liebsten essen sie Eichblattsalat“, erzählt Oliver, der gemeinsam mit seiner Frau Andrea 2021 mit der Schneckenzucht begonnen hat.

Wie kommt man eigentlich darauf, im Pinzgau, umgeben von Rinderbauern, mit der Schneckenzucht zu beginnen? Oliver verbindet mit Weinbergschnecken bleibende Kindheitserinnerungen. „Mit 12 Jahren war ich das erste Mal mit meinem Opa in Frankreich und habe die dort typischen ,Escargots de Bourgogne‘ gegessen. Da ist es wohl um mich geschehen“, erzählt der umtriebige Selbständige schmunzelnd von seiner ersten Schneckenbegegnung.

Vom Südburgenland nach Saalfelden

Bevor er sich 2021 seine eigenen Schnecken zugelegt hat, besuchte Oliver namhafte Schneckenbauern in Österreich und informierte sich ausgiebig. Unter anderem beim Wiener Schneckenzüchter Andreas Gugumuck, dessen „Wiener Schnecke“ als Slow Food Archeprodukt gilt. Nach einem Besuch bei den „Südburgenlandschnecken“ ließen sich Oliver und Andrea schließlich die ersten Schnecken per Post schicken und begannen mit der Weinbergschneckenzucht. Gehalten werden die Tiere in möglichst ausbruchssicheren Gehegen, wofür ein eigenes Schneckennetz verwendet wird. „Man würde nicht meinen, wo die Schnecken überall rauf- und durchkommen“, meint Andrea schmunzelnd. Den Winter verbringen die Schnecken im Winterschlaf, unter 8°C schalten sie alle Körperfunktionen auf ein Minimum hinunter und wachen erst im Frühling wieder auf. Gefressen wird dann gerne alles, was im Garten wächst: Salate – am liebsten Eichblatt!-, Spargel, Erdbeeren und vieles mehr. Auch Kalk wird ihnen gefüttert, damit die Schale schön hart bleibt. Jede Schnecke legt ca. 100 Eier, woraus nach 10 bis 25 Tagen die Jungschnecken samt fertigem Häuschen schlüpfen.

Vom Gehege auf das Teller

Gezüchtet werden die Schnecken bei Andrea und Oliver vorrangig zum Essen. „Als eiweißreiche und ressourcenschonende Alternative zu Fleisch, die noch dazu hervorragend schmeckt“, ergänzen sie. Doch wie werden die kleinen Tiere eigentlich küchenfertig gemacht? Definitiv mit viel Handarbeit. Die Weinbergschnecken bekommen ca. 1 Woche vor der Schlachtung kein Futter mehr, um sie zu „entkoten“. Dann werden sie ins sprudelig kochende Wasser gelegt und gekocht. Anschließend kommt der Teil, der viel Fingerspitzengefühl erfordert: Die ganze Schnecke muss aus dem Gehäuse raus und dabei werden Muskelkörper, Verdauungstrakt und Leber voneinander getrennt. Die winzig kleinen Lebern werden in einem Glas eingelegt – eine Delikatesse für sich! Der Muskelteil wird zuerst durch Kneten in Salz entschleimt und dann für 3 Stunden im Wurzelsud gekocht. Parallel werden die Gehäuse ausgekocht und der Muskelteil anschließend zurück ins Gehäuse gesteckt. So küchenfertig werden die Schnecken dann in 6er- oder 12er-Gebinden eingefroren.

Eine Frage der Mode?

Ganz klassisch werden Weinbergschnecken mit Butter, Petersilie, Knoblauch, Salz und Pfeffer gekocht, es gibt aber eine Vielzahl weiterer schmackhafter Zubereitungsmöglichkeiten. „Früher waren Schnecken ein gängiges Arme-Leute-Essen bei uns. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren sie überhaupt ein ganz normales Essen und Wien war sogar eine richtige Schneckenhochburg“, erzählt Oliver. Ob Schnecken-Essen einfach eine Frage der Mode ist, philosophieren wir vor uns hin. Wer weiß, vielleicht tragen Andrea und Oliver einen bedeutenden Teil dazu bei, die Weinbergschnecke hier im Innergebirg wieder en vogue zu machen.

Ab Mai 2023 ab Hof

Wer neugierig ist, Pinzgauer Weinbergschnecken – oder, wie sie bei den Dillingers heißen, „Steinbergschnecken“ – zu kosten, kann diese ab Mai 2023 direkt ab Hof in 6er oder 12er-Paketen kaufen. Geplant ist auch eine Geschenkpackung inkl. Schneckenpfanne. Damit lassen sich die Weinbergschnecken besonders unkompliziert zubereiten. Bis jetzt haben Andrea und Oliver ihre Schnecken vor allem an Freunde weitergegeben, die positiv überrascht bis begeistert davon waren. „Ich will niemanden bekehren, würde aber jedem empfehlen, Schnecken zu probieren. Sie schmecken ganz anders, als man denkt und haben so gar nichts zu tun mit der herkömmlichen Wegschnecke,“ gibt uns Oliver zum Abschluss noch mit.

Andrea und Oliver bewirtschaften gemeinsam die „Bräumühle“ in Saalfelden und halten hier Gänse, Schweine, Masthühner und Schnecken. Andrea Dillinger ist außerdem Museumsleiterin des Museums Schloss Ritzen und Administratorin des Gymnasium Saalfelden. Oliver Schuh-Dillinger ist Landwirt, betreibt die Werbeagentur 0817 und arbeitet beim Museum Schloss Ritzen in den Bereichen Marketing, Ausstellungsgestaltung und Grafik.

Kontakt:

Fam. Dillinger
Andrea Dillinger und Oliver Schuh-Dillinger
Bräumühle
Pfaffing 2
5760 Saalfelden
www.bräumühle.at

Alle Bilder: © oliver