Tante Emma ist 27 Jahre jung, hat lange braune Haare und ein gewinnendes Lächeln. Und ihr Name ist Ann-Kathrin, zumindest trifft das auf die Tante Emma im Heutal zu. Dass sie einen Nahversorger-Laden mit regionalen Produkten und ein entzückendes Café am Ende des Tals führt, macht das Bild komplett.
Sie packt Frühstückssackerl mit Produkten aus der Region, backt mit Kindern frisches Brot, gibt Tourengeher ein Jausensackerl mit auf den Weg und bringt krankheitsbedingt beeinträchtigten Kunden auch mal den Einkauf nach Hause: Ann-Kathrin liebt ihre Arbeit. Das merken wir sofort, als wir uns in dem kleinen Cafe treffen, der zu ihrem Tante Emma-Laden im Heutal gehört. Erfrischend bodenständig, einnehmend und voller Tatendrang ist die 27-Jährige, die aus dem bayerischen Augsburg auszog, um im Heutal ein neues Leben zu beginnen. Die Herzen der Einheimischen hat sie jedenfalls im Sturm erobert, genauso wie die Sympathien der Gäste, die immer wieder in ihr kleines Reich kommen. Ganz am Ende der Straße, schon ziemlich am Ende des wunderschönen Heutals hat sich Ann-Kathrin in ein Haus eingemietet. Unten ist das Café, einen Stock darüber vermietet sie zwei Ferienwohnungen. Und ganz oben ist ihre Wohnung. Im Winter betreibt sie noch einen kleinen Wurststand direkt hinter ihrem Haus. Dort befindet sich nämlich gleich die Liftstation. Und daneben die Winter-Sonnenterrasse für die Gäste von Ann-Kathrin. Die Arbeit macht sie allein – vom Einkaufen für den Laden über das Kochen und Bedienen im Café bis hin zur Organisation der Ferienwohnungen. Gesellschaft leisten ihr ein paar Hennen, ein paar Katzen und Ziegenbock Gandolf. Darauf angesprochen, ob da alles nicht ein bisschen viel ist, für eine junge Frau allein, lacht Ann-Kathrin. „Mir kommt das hier nicht vor wie Arbeit“, sagt sie. „Ich stehe jeden Tag gern auf und freu mich auf den Tag. Ich hab hier mein Glück gefunden.“ Und das glauben wir ihr. Zu hundert Prozent.
Wenn die Berge rufen
Die Berge haben es der Hotel-Betriebswirtin einfach angetan, wie sie uns erzählt. 2012 bewarb sie sich bei der „Bergbauernhilfe“ und arbeitete dort ehrenamtlich bei Bergbauern. „Als ich dann wieder in Augsburg war, haben mir die Berge so gefehlt, unglaublich.“ Also schmiedete Ann-Kathrin Pläne für die Zukunft. „Dann hab ich alles verkauft, was ich hatte, und bin mit nur einem Koffer im Heutal auf einer Alm gelandet.“ Und dort ist sie dann auch erst mal geblieben. Einen Almsommer lang. Und danach noch einen. Während des zweiten Sommers auf der Alm begann Ann-Kathrin, die Leute zu fragen, was ihrer Meinung nach im Heutal fehlt. Was sich die Menschen wünschen. Wie man das Heutal noch schöner, noch lebenswerter machen könnte. „Ich hab viel mit älteren Menschen gesprochen, die schon lange hier sind“, so Ann-Kathrin. „Aber auch mit jungen Familien, natürlich mit den Bauern. Mit allen. Mir war wichtig, was die Menschen hier bewegt.“ Was ihr immer wieder gesagt wurde, ist, dass ein Nahversorger fehle. Den Weg nach Unken zu fahren, nur weil die Milch ausgegangen ist oder die Butter fehlt, den wollten viele nicht auf sich nehmen. Oder konnten es nicht. Also begann Ann-Kathrin wieder, Pläne zu schmieden. Und pachtete schließlich das Haus am Ende der Straße, das damals leer stand. Nachdem sie alles komplett renoviert hatte, eröffnete Ann-Kathrin am 31. Oktober 2015 den Nahversorger im Ort, den viele so vermisst hatten: einen Tante Emma-Laden.
Aus der Region, für die Region
Die Produkte kauft Ann-Kathrin ausschließlich von den Lieferanten aus dem Dorf. „Mein Motto ist: Aus der Region, für die Region“, erklärt sie. Die Eier kommen von ihren eigenen Hühnern, die Milch vom Nachbarbauern. „Ich möchte auch zeigen, dass es machbar ist, von der Region zu leben“, so Ann-Kathrin. So gibt es bei Ann-Kathrin zum Beispiel die neue Marke „Unken – weil´s schmeckt“. Dahinter stehen fünf Bauern aus Unken, die sich zusammengeschlossen haben und feinen Ziegenkäse, Heumilchkäse und weitere Schmankerl vertreiben. Das ganze Sortiment kann man bei Ann-Kathrin kaufen. Und jeden Tag in der Früh gibt es ein „Frühstücksservice“ – ab 8 Uhr kann man sich bei Ann-Kathrin ein Frühstückssackerl mit lauter guten Schmankerln abholen – selbstverständlich ausschließlich mit Produkten der Region. Fast bedauern wir es, dass wir nicht im Heutal leben. Wir würden auch zu Ann-Kathrin frühstücken gehen. Und die Ruhe und wunderschönen Natur genießen. Die Nachhaltigkeit setzt sich bis in ihr kleines Café fort: Das Brot und die Strudel macht sie selbst und verwendet dazu nur Produkte aus der Region und Kräuter, die hier wachsen. Alles echte Handarbeit. Das Café wird von Wanderern, die nach Winkelmoos oder zum Staubfall unterwegs sind, genauso genutzt wie von Familien, die mit ihren Kindern kommen. Die Kinder können dann ums Haus toben, den Ziegenbock besuchen und mit den Katzen spielen. Ein Idyll mitten im Naturidyll Heutal. Im Sommer gibt es auch spezielle Kinderprogramme wie Brot backen, Butter schlagen oder Marmelade kochen, danach organisiert Ann-Kathrin immer eine Schnitzeljagd für die Kinder.
Was sie sich eigentlich wünscht, fragen wir Ann-Kathrin zum Abschied. Sie überlegt kurz und lacht dann ihr herzliches Lachen: „Es ist alles perfekt. Das einzige, was ich mir wirklich wünsche, ist, dass wir in Zukunft mehr Menschen die Schönheit des Heutals zeigen können. Das Hochmoor, der Wasserfall, die Atmosphäre – das ganze Tal ist ein einziges Paradies.“ Ja, dem können wir nur zustimmen. Und Ann-Kathrin ist die gute Seele, die das Heutal zusätzlich belebt.
Tante Emma
Gföll 163
5091 Unken
© Fotocredits: RoCh